In Gernsheim hat der Aufbau für das 73. Fischerfest begonnen / 105 Schausteller sind vor Ort
Von Dirk Winter – Quelle: Gross-Gerauer Echo vom 02.08.2023
Der große grüne Hecht hängt schon überm Eingangsportal, um die Besucher des 73. Rheinischen Fischerfests zu begrüßen. Dahinter zeichnet sich das noch lückenhafte Spalier der Buden ab. Eine davon ist der Ausschankwagen „Almwirt“, dem sich ein Biergarten anschließt.
Beim Besuch dieser Zeitung sind der Betreiber, Sascha Barth, und sein Team mit dem Aufbau fast fertig. „Zu 95 Prozent“, sagt der 47 Jahre alte Mainzer. Deshalb hat er Zeit, einem anderen der insgesamt 105 Schausteller aus der Bredouille zu helfen. Dessen Lastwagen steckt auf der benachbarten, vom Regen aufgeweichten Wiese fest. Also rückt Barth mit seinem Lkw an, um das Fahrzeug mittels Schubstange aus dem Morast zu drücken.
Die unternehmerischen Wurzeln der Familie, Schausteller in fünfter Generation, reichen bis ins 19. Jahrhundert zurück. „Das waren sieben Brüder damals“, erzählt Barth. Mit einer Schiffschaukel und einem mit Pferden angetriebenen Karussell habe alles angefangen. Heute sind die Barths eine weitverzweigte Schaustellerfamilie. Beim Fischerfest sind außer Sascha noch Klaus-Peter mit einem Crêpes-Stand und Patrick mit einem Imbissstand dabei.
Sascha Barths Familienunternehmen betreibt außer der Gastronomie noch zwei Kinderfahrgeschäfte. Beide, die Kinder-Acht-Schleife „Traumlandreise“ und die Berg- und TalFahrt im „Samba Balloon“, sehen wir beim Besuch während der Aufbauarbeiten. „Wir haben unseren Schaustellerbetrieb ein bisschen verkleinert“, sagt er: „Während der Corona-Pandemie hat man gesehen, wie anfällig dieses Gewerbe ist.“ Deshalb hat sich der Mainzer mit einem Campingplatz an der Mosel, den er mit einem Partner führt, ein zweites wirtschaftliches Standbein geschaffen.
Mit dem Gernsheimer Fischerfest verbindet Sascha Barth viele Kindheitserinnerungen. „Früher hatten wir ein bisschen mehr Zeit“, erzählt er. Also reiste die Familie schon drei Wochen vor Festbeginn mit ihren Wohnwagen an. Er deutet auf eine Stelle am Rande der Wiese, wo ein Apfelbaum wächst: „Das war immer unser Stammplatz.“
Agi Mager, beim Fischerfest für Öffentlichkeitsarbeit zuständig, führt weiter übers Gelände. Vorbei an einem noch lichten Platz, auf dem die offene Zeltlandschaft „Lansers Stadl“ entsteht, zum „Millenium Auto-Scooter“ von Andreas und Petra Göbel. Acht Stunden braucht das Team der beiden Wormser, Stammbeschicker seit knapp drei Jahrzehnten, für den Aufbau des 33 Meter langen und 16 Meter breiten Autodroms. „Wir sind jetzt im Endausbau“, berichtet Heiko Meister aus dem Göbel-Team. An den 24 elektrischen Miniflitzern sind hinten die Stangen samt Stromabnehmer zu montieren. Das Unternehmen ist mit einigen neuen, erst im März dieses Jahres angeschafften Scootern nach Gernsheim gekommen. Hersteller der kleinen Renner ist vor allem die italienische Firma Bertazzon, wie Meister berichtet. Das Fischerfestgelände ist erst der fünfte Festplatz, auf dem die Neuerwerbungen fahren. „Gernsheim ist einer unserer Lieblingsplätze“, sagt Meister. Am schönsten ist es freilich zu Hause: Als Nächstes gastiert das Göbel-Team auf dem Wormser Backfischfest.
Viele der Beschicker haben zuvor Station auf dem Erbacher Wiesenmarkt gemacht, Andreas und Petra Göbel indes in Heilbronn. Raymond Armbrecht, mit seinem Fahrgeschäft „Night Style“ erstmals beim Fischerfest, ist aus Dinkelsbühl von dem Kinder- und Heimatfest „Kinderzeche“ angereist. Die Schaustellerfamilie Armbrecht aus dem niedersächsischen Eschershausen gibt es seit sieben Generationen: „Ich bin die sechste – und da drüben steht die siebte.“ Er deutet auf seinen Sohn Raimund, der gerade für Montagearbeiten auf einer Leiter steht. Mit dem „Night Style“, das als Hochfahrgeschäft „mit beliebig vielen horizontalen, vertikalen und diagonalen Überschlägen“ beschrieben wird, tourt die Familie seit 2008. Es ist auf einem Sattelauflieger montiert und muss dann sozusagen nur aufgeklappt werden. Deshalb ist der Aufbau des 19 Meter langen und zehn Meter breiten „Night Style“ in fünf Stunden erledigt – „wenn wir uns beeilen“, fügt Armbrecht hinzu.
Weitaus aufwendiger ist da gegen der Transport des 50-Tonnen-Kolosses mit einer 20 Tonnen schweren Zugmaschine, wie Armbrecht mit Hinweis auf diverse marode Brücken in Deutschland erklärt: „Von Dinkelsbühl bis hierher mussten wir einen Umweg von über 200 Kilometer fahren.“